Im Rahmen der internationalen ANKK Konferenz „Methodik zwischen Theorie und Praxis. Historische und aktuelle Ansätze in der Niederländischen Kunst- und Kulturgeschichte“ (2. – 4. Oktober 2015) in Bonn und Köln präsentierten sechs Doktorandinnen ihre aktuellen Forschungen im Posterformat.
Die radierte Tronie. Ein exemplarisches Motiv für kulturellen Transfer in den Niederlanden
Rebecca Welkens
Universität Bamberg
Im Rahmen des Dissertationsvorhabens Die radierte Tronie - Ein exemplarisches Motiv für kulturellen Transfer in den Niederlanden sollen die Tradition, Rezeption und Funktionen radierter Tronie-Grafiken im Kontext des kulturellen und künstlerischen Transfers in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts untersucht werden.
Als Ausdruck eines individuellen Künstlerstils und somit als Repräsentationsobjekt der eigenen Virtuosität wurde der Tronie von Künstlern, Händlern und Kunstinteressierten ein hoher Stellenwert beigemessen. Verbreitet wurde sie als eigenständiges Kunstobjekt u. a. durch Rembrandt, Jan Lievens oder Jan Gillesz. van Vliet. Ihre Arbeiten zirkulierten weit über die niederländischen Grenzen hinaus –- ein Übertragungsprozess, der heutzutage für das Verständnis von künstlerischem und kulturellem Austausch fruchtbar gemacht werden kann.
In der Dissertation soll die Entstehung, der Zweck sowie die zeitgenössische Wertschätzung der radierten Tronie näher beleuchtet werden. Die Ergebnisse werden nicht nur als Ergänzungen in der aktuellen Tronieforschung Verwendung finden können, sondern es wird außerdem die Aufarbeitung grafischer Kulturgüter des Goldenen Jahrhunderts im Vordergrund stehen. Ziel der Arbeit wird es sein, anhand des Motivs der grafischen Tronie aufzuzeigen, wie kulturelle Grenzen überschritten wurden: Die radierten Tronien begünstigten nicht nur den Auf- und Ausbau von Künstlernetzwerken im 17. Jahrhundert, sondern hatten ebenso Anteil an einer frühen länderübergreifenden Verknüpfung des Kunstmarktes.
Jan Lievens: Borstbeeld van een jong meisje met loshangend haar, 1629 - 1633, Radierung auf Papier, 16,2 x 14,3 cm, Zustand II (II), Amsterdam, Rijksprentenkabinet, in: Online-Bilddatenbank des Rijksmuseums Amsterdam.
Der Einfluss der Wissenschaftlichen Revolution auf die niederländische Kunst des Goldenen Zeitalers
Janina Modemann
Universität Konstanz
Im Fokus des Promotionsprojekts steht die Visualisierung von Wissen anhand von Darstellungen mathematischer Instrumente auf Stillleben, Porträts und Genredarstellungen während der sogenannten wissenschaftlichen Revolution (ca. 1500-1700). In dieser Zeit wuchs das allgemeine Interesse an Wissenschaft und deren Errungenschaften sowie eine damit einhergehende Bildwürdigkeit technischer Geräte.
Auch Künstler waren von den neuesten Erkenntnissen beeindruckt und integrierten wissenschaftliche Objekte in ihre Kunst. Aufgrund der detailreichen Wiedergabe und der fachspezifisch richtigen Zusammenstellung der einzelnen Instrumente müssen sich die Künstler dezidiert mit diesen beschäftigt haben.
Im behandelten Zeitraum waren die Grenzen zwischen konst und wetenschap fließend. Dieser Gedanke der Komplementarität von Kunst und Wissenschaft manifestiert sich beispielsweise in Willem Goerees Traktat Inleyding tot de practijck der algemeene schilderkonst von 1670. Er empfiehlt, dass jeder Künstler nicht nur Übung in der Kunst der Zeichnung, der Malerei, der Perspektive, der Astronomie, der Architektur und Farbtheorie, sondern auch Kenntnisse über die aktuellen Entwicklungen in den Naturwissenschaften haben sollte: „Een groot en algemeen meester“ sollte „alle de noodige kennissen en wetenschappen“ haben. Folglich verstärkt sich die Annahme, dass sich während der wissenschaftlichen Revolution nicht nur die Wissenschaft grundlegend verändert hat, sondern auch dass unter Einfluss dieser Entwicklung die bildende Kunst neue Bildsujets entwickelte. Kunst wurde zum Kommunikationsträger wissenschaftlicher Erkenntnis. Dementsprechend steuerte der Künstler seinen Anteil an der empirischen Forschung bei.
Die Ausbildung eines bürgerlichen Rollen- und Kostümporträts im Goldenen Zeitalter der Niederlande
Svenja Lehnhardt
Universität Köln
Das Dissertationsprojekt will Rollenporträts und ausgewählte Kostümporträts des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden auf die Frage hin untersuchen, ob sich im Goldenen Zeitalter eine spezifisch bürgerliche Form des portraits historiés entwickelt hat.
Das Rollenporträt war bis ins 16. Jahrhundert hauptsächlich in höfischen Kreisen verbreitet und genoss in den 1620er bis 1640er Jahren auch große Beliebtheit am Haager Hof. In der zweiten Jahrhunderthälfte wurden Rollenporträts in den Vereinigten Provinzen jedoch verstärkt von der bürgerlichen Ober- und Mittelschicht in Auftrag gegeben. Daher soll das niederländische portrait historié nach seiner Funktion und Rezeption in der bürgerlich geprägten Gesellschaft der Niederlande befragt werden. Es wird die These verfolgt, dass die Wahl des höfischen Porträttypus der Demonstration des neuen Bürgerstolzes diente. So ist etwa zu beobachten, dass in den ‚bürgerlichen‘ Rollen- und Kostümporträts Motive und Repräsentationsformeln der höfischen portraits historiés übernommen und dem bürgerlichen Status angepasst wurden, aber auch völlig neue Motive und Motivkombinationen gewählt wurden. Nicht selten tritt die Historiendarstellung hinter den Porträtierten zurück, sodass die Ikonografie wie Beiwerk wirkt. Auch die Verwendung negativ besetzter Bildthemen lässt die Frage nach der Deutung und Funktion der Porträts aufkommen. Offenbar wurden in den ‚bürgerlichen‘ Rollenporträts neue Darstellungsmodi entwickelt, die, so die These, neue Inhalte und Bezüge zur bürgerlichen Welt zum Ausdruck bringen sollten. Daher wird unter anderem gefragt, welche Möglichkeiten zur Repräsentation bestimmte Motive und Darstellungsweisen dem Bürgertum in den Rollenporträts boten beziehungsweise welche Formen zur Profilierung dieser Porträttypus überhaupt ermöglichte. So sollen die Rollen- und Kostümporträts in ihrer Beziehung zum soziokulturellen Klima des Goldenen Zeitalters betrachtet und auf kulturhistorischer Basis untersucht werden.
Ferdinand Bol: Caritas, Joanna de Geer mit ihren Kindern Cecilia Trip und Laurens Trip, 1662-1669, Öl auf Leinwand, 167cm × 152, 5cm, Rijksmuseum, Amsterdam.
Quelle: http://hdl.handle.net/10934/RM0001.COLLECT.6094
Strategies of Narration in 16th Century German Art with special Consideration of Jörg Breu the Elder and the History Paintings for the Duke of Bavaria
Melanie Kraft
Universität Heidelberg
Jörg Breu the Elder (ca. 1475/80-1537) was one of the most demanded artists in 16th century Augsburg. One of the most prestigious commissions was from the House of Bavaria: the so-called “history paintings” ("Historienbilder").
Painted between 1528 and 1540, the group of works includes eight artists − Albrecht Altdorfer, Hans Burgkmair or Barthel Beham, among others − and about sixteen paintings. Breu’s „Story of Lucretia“ (1528) and his „Battle of Zama“ (about 1530) are among the earliest paintings and engage in a direct competition with the pictorial inventions of the other artists.
In this context, the key issue of the here presented project is the role and position of Breu and his relation to his artistic environment as well as to the ducal commissioner Wilhelm IV. The aim is to lighten up the elusive complexity of Breuʼs work and the narrative strategies he uses. The examined aspects that comprise the narrative, which the poster points out, are:
- The choice of scenery (in the context of the iconographic tradition)
- Gestures and facial expressions of the characters and their meaning for the depicted story
- The pictorial space as "setting"
- Discrepancies between preparatory drawing and painting
The project is to be understood as an analysis of Breuʼs history paintings in context of his entire œuvre as well as German history painting in general. But there are still unsolved questions concerning the ducal commission in its entirety. Because of the method the project is also a contribution to narratology in art history.
(The project is funded by the Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf)
Transfer von Bildideen – Studien zum Umgang mit Kopien in der rudolfinischen Kunst
Jacqueline Klusik-Eckert
FAU Erlangen-Nürnberg
Anhand des Künstlers Bartholomäus Spranger (1546–1611) soll analysiert werden, welche Rolle die sogenannten „Kopien“ im ästhetischen Diskurs um 1600 eingenommen haben. Ziel muss es sein, eine allgemeingültige Begrifflichkeit zu finden, um diesen historischen Objekten in ihrer ursprünglichen Bewertung, Funktion und/oder Gebrauch gerecht zu werden.
Um auch unabhängig von manifestierten Typologien reflektieren zu können, werden die Begriffe Wiederholung bei gattungsgleichen Versionen und Transfer bei einem Gattungswechsel vorgeschlagen.
Denn durch die anachronistische Verwendung der Begriffe „Kopie“ und „Original“ werden die Wiederholungen der Bildidee mit einer negativen Konnotation infiziert.
Schu*, Daniel: Christus als Gärtner und Maria Magdalena, nach einem Kupferstich von Johann Sadeler, nach einem Gemälde von Bartholomäus Spranger, Tinte, laviert, 206 x 288 mm.
Erlangen, Sammlung der Universitätsbibliothek Inv. H62/B 744
The Title Pages of Peter Paul Rubens
Gitta Bertram
Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
For about 30 years, from his return to Antwerp until his death in 1640, Peter Paul Rubens provided designs for the title-pages of numerous and diverse books, sometimes in collaboration with the author and/or the publisher.
These allegorical title-pages are not only an advertisement for the various religious, scientific or poetic books they introduce, but also an expression of the dominant Catholic ideology in the southern Netherlands. Furthermore, they provided intellectual amusement to the European intellectual elite, certainly using visual references to Antique coins and other remnants to cater to the interests of this readerly community.
Thus the title-pages show Rubens not only as painter, businessman or designer: they also show him as a learned intellectual of his time who through the title-pages took part in international discourses. Thoughout his life in Antwerp, Rubens was very active in his urban community and his country, their ambassador not only in words or through painting, but also in tapestries, prints and books. He was often asked to provide title-pages for important and expensive books printed by Balthasar Moretus, the famous Antwerp printer-publisher. As the Plantin-Moretus publishing house was well preserved in the nineteenth-century, this fruitful collaboration between designer and publisher has produced exceptional source material. Through the study of the books’ contexts and the source material, I want to shed light on the role these title-pages played in the books as well as in the larger context of the political and religious discussions of the time.