Ein Bericht von Madeline Delbé und Jenny Price
Die Nachwuchs-Studientage des ANKK sind ein Forum für einen peer to peer-Austausch über Forschungsthemen aus dem Bereich der niederländischen Kunst- und Kulturgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart und finden einmal jährlich jeweils an einem anderen Ort statt.
Vom 10.-11. Juni war der ANKK zu Gast in Weimar, in Kooperation mit dem Internationalen Heritage-Zentrum der Bauhaus-Universität Weimar ‒ eine im letzten Jahr neu gegründete wissenschaftliche Einrichtung, die sich im interdisziplinären und internationalen Austausch mit Fragen des Umgangs mit materiellem und immateriellem Erbe auseinandersetzt.Ein gemeinsames Abendessen am Donnerstagabend, bei dem sich die Teilnehmerinnen erstmals kennenlernen und austauschen konnten, markierte den inoffiziellen Start des Workshops.
Das offizielle Programm startete dann am Freitagmorgen mit einem Besuch in der Graphischen Sammlung der Klassik-Stiftung Weimar. Der Leiter der Sammlung, Dr. Christoph Orth, dem unser besonderer Dank gilt, führte uns zunächst in die Sammlung sowie deren Geschichte ein und sprach über das erst kürzlich abgeschlossene Projekt der Klassik-Stiftung Kennerschaft heute. Die wissenschaftliche Erschließung der niederländischen Zeichnungen in Weimar. Der Großteil unseres Besuchs war dem Ansehen von Zeichnungen vorbehalten: Neben einigen Highlights der Sammlung durften wir auch eine überaus großzügige Anzahl an Zeichnungen und Drucken studieren und diskutieren, die im Zusammenhang mit den Forschungsprojekten der Teilnehmerinnen der Studientage stehen. Im Anschluss daran bestand die Möglichkeit eines Besuchs der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek oder der erst wenige Tage zuvor eröffneten Ausstellung Cranachs Bilderfluten.
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Der Nachmittag war gefüllt mit der Vorstellung der Forschungsprojekte. In dem Historischen Gebäude des Instituts für Urbanistik begrüßten zunächst Madeline Delbé im Namen des ANKKs sowie Jenny Price vom Internationalen Heritage-Zentrum der Bauhaus-Universität Weimar die Teilnehmerinnen und Gäste der Studientage. Den ersten Vortrag hielt LAURA LISA BEIER (Halle-Wittenberg/Weimar), die über ihr Promotionsprojekt zu Nicolaus Knüpfer sprach. In Ihrem Vortrag legte sie die Phänomenologie der Ikonographie in den Zeichnungen von insbesondere den Historiendarstellungen des aus Leipzig stammenden Malers und Kupferstechers dar, der ab c. 1630 in der Werkstatt von Abraham Bloemaert in Utrecht tätig war. Anschließend stellte THERESA BRAUER (Konstanz) anhand von Fallbeispielen tonaler Dünenlandschaften ihre Forschung zur niederländischen Landschaftsdarstellungen im Spiegel zeitgenössischer Diskurse und Umgangsweisen des Beschreibens vor und rückte damit gleichsam den Blick auf die Relation von Kunstwerk bzw. dessen Materialität zum Betrachter. Der erste Workshoptag endete mit der Vorstellung des Projektes von ANGELINA ILLES (Wien), die in ihrem Vortrag zu japanischen Hausmänteln den japonse rok in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts und in der soziokulturellen Umgebung der Nördlichen Niederlande, vor allem Amsterdam, verortete. Bei einem gemeinsamen Borrel konnte der Abend ausklingen und die Diskussionen fortgeführt werden.
Während des zweiten Studientags tagten wir im historischen Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar, dem Van-de-Velde-Bau, in dessen Architektur und Baugeschichte wir im Rahmen einer kurzen Präsentation einen kleinen Einblick erhielten, bevor es zum Workshopprogramm überging. Zunächst stellte LIEN VANDENBERGHE (Gent) ihr erst kürzlich aufgenommenes Dissertationsprojekt zur Darstellung von weiblichen Figuren in Gemälden von den Caravaggisten zuzuordnenden Malerinnen vor, die sie in den religiösen und politischen Kontext setzte. Aufgrund einer kurzfristigen Verhinderung von CLAUDIA LINDENLAUB (Würzburg/Coburg), die über die Tarquinius-Lukretia-Gruppe in den Kunstsammlungen der Veste Coburg sprechen wollte, kam es zu einer kleinen Programmänderung: ANNA LISA SCHWARTZ (München) sprang spontan ein und stellte ein auf Papier gedrucktes Brettspiel aus dem 18. Jahrhundert zur Diskussion, dessen Spielstationen entscheidende Ereignisse oder Machthaber der Geschichte der Nördlichen Niederlande markierten. Als abschließenden Vortag präsentierte REBEKKA HOUMMADY (Marburg) die Rekonstruktion und Gegenüberstellung zweier Gemälde, die Elizabeth Stuart bei Gerrit van Honthorst in Auftrag gab und mit denen sie ihre Macht als Oberhaupt der böhmischen Königsfamilie zu inszenieren gedachte.
Den Abschluss des Studientagprogramms bildete der als ANKKexcursie allen Vereinsmitgliedern offenstehende Besuch der Ausstellung Wieder zurück in Gotha. Die verlorenen Meisterwerke. Durch die im Herzoglichen Museum von Schloss Friedenstein in Gotha gezeigte Ausstellung führte uns der Kurator Dr. Timo Trümper, dem an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt sei. Die Führung endete mit der Entdeckung, das Gemälde „Alter Mann“ sei nicht wie gedacht eine Kopie, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit von Rembrandt selbst; eine Erkenntnis, die erst dank der aufwendigen Untersuchung und Restaurierung der fünf Raubstücke gewonnen werden konnte.
Alle Vorträge regten zu einer fruchtvollen Diskussion an, mit der die Vortragenden die Breite der Forschungsinteressen des Arbeitskreises präsentierten und zudem wichtige Hinweise sammeln konnten, die sie in ihrem Forschungsvorhaben bestätigen und zu neuen Herangehensweisen anregten.
Wir freuen uns auf die ANKK-Nachwuchsstudientage im nächsten Jahr!